DIE ZEIT DER NS-HERRSCHAFT (1938-1945)
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich wurden auf Befehl der Regierung einige christliche Kindergärten, Konvikte, Schulen und Kirchen geschlossen. Die religiösen Werte waren obsolet. Es entstanden neue Gesetze und neue Vorschriften. Der Kampf gegen die Kirche bekam mit Gefangennahmen bzw. Deportationen in Konzentrationslager eine weitere Dimension.
Die Aktivitäten der Schwestern wurden von den kirchlichen Festen abgekoppelt und verringert. Vermehrt studierten sie Volkstänze ein, spielte Klavier und luden die Mädchen zu Heimabenden ein.
Ab 1939 wurde der Druck auf die Schwestern und die Pfarre noch um vieles stärker. Theaterspielen war nur sehr eingeschränkt möglich. Die Kinder konnten nicht mehr mit einer Jause beglückt werden. Sie bekamen zeitweise nur kleines Zuckerwerk zugesteckt.
Am 16. November 1939 mussten die Schwestern auf Anordnung der Nationalsozialisten den Kindergarten abgeben und übersiedelten in eine Wohnung, die von einer Wohltäterin zur Verfügung gestellt worden war.
Mit Näharbeiten, Klavierunterricht und Betreuung des Kirchenraumes mussten sie das Auslangen finden.
Viele Feiertage wurden vom Staat aufgehoben, die Schwestern vom Arbeiten abgehalten.
Der Direktor der Salesianer von Unterwaltersdorf ermutigte die Schwestern durchzuhalten.
„Sie sollten ihre Lage nicht als „Not“ ansehen, Unbehagen und Unzufriedenheit nicht aufkommen lassen, sondern daran denken, dass Jesus es noch schlechter gehabt hat.“
So kam der August 1942
Die Schwestern wurden am 19. August von der Polizei einem Verhör unterzogen und um minutiöse Informationen über die Werke, über die Arbeit, über die Beziehungen zur Außenwelt usw. gebeten. Schließlich forderten sie die Oberin Sr. Theresia Dümmler auf, zur Gestapo nach Wien zu kommen und dort mehr Informationen über ihre Arbeit preiszugeben.
Am Tag darauf kam ein Agent, hörte sich nochmals ihre Arbeitsweisen an und forderte am Ende die Schwestern eindringlich auf, das Haus „zu schließen“ und Gramatneusiedl so schnell wie möglich zu verlassen, wenn sie nicht größeres Übel erleiden wollten.
Sr. Theresia Dümmler fuhr somit am 21. August zur Gestapo nach Wien, wurde dort einem Verhör unterzogen und bekam anschließend die Anweisung, dass alle Schwestern Gramatneusiedl innerhalb von zehn Tagen zu verlassen hätten. Sie wurden beschuldigt, einen nicht gewünschten Einfluss auf die Frauen und Mädchen dieses Ortes auszuüben.
Um dem Gefängnis zu entgehen, wurde ihnen große Geheimhaltung empfohlen.
Die Schwestern begannen mit der Räumung des Hauses, die nicht geheim bleiben konnte. Möbel und Hausrat verteilten sie an vertrauenswürdige Familien. „Über den Grund wurde nicht gesprochen, aber im Stillen wusste jeder Bescheid“, so berichteten die Schwestern in ihrer Chronik.
Mit der Bahn verließen die Schwestern unter vielen Tränen der sich verabschiedenden Bevölkerung Gramatneusiedl.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde aus dem Pfarrkindergarten eine Kindertagesstätte der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt.